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Wasserbaby-Post
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Ausgabe 02/99
Schlaf, Kindlein schlaf
„Und, schläft eures schon durch?“ Wer
kennt sie nicht, diese berühmte Frage, die fast allen jungen
Eltern gestellt wird. Neidvoll hören wir die Schilderungen
unseres Gegenübers, welcher uns stolz erzählt, daß
sein Sprößling schon seit der ersten Woche durchschläft
und auch die Tage fast verschläft. Toll, denkt man und erzählt
lieber nichts von nächtlichen Spaziergängen durch die
Wohnung, bei denen man, ein Schlaflied singend, versucht sein Baby
einzuschläfern. Wenn es ums Schlafen geht, legen die meisten
Eltern einen erstaunlichen Einfallsreichtum an den Tag, bzw. in
die Nacht. Da werden Kinderwagen über die holprigsten Feldwege
geschoben, nächtliche Runden mit dem Auto gedreht, das Tragetuch
umgebunden und sogar schleudernde Waschmaschinen scheinen eine einschläfernde
Wirkung zu haben. Manche Kinder schlafen nur ein, wenn ein Elternteil
neben ihnen liegt und zum x - ten Mal ein Schlaflied vorsingt oder
vorsummt. Meist schlafen Mama oder Papa vor dem Kind, und wenn sie
sich nach ein, zwei Stunden durchgefroren und kreuzlahm vom Bettrand
erheben, ist der Abend gelaufen. Aber wer läuft schon gerne
im strömenden Regen über schlammige Feldwege.... So hat
wohl jede Familie - wie auch wir mit unseren drei Kindern im Alter
von 4½, 2½ und ½ Jahr - ihre eigene „Schlafgeschichte“.
Unser großer Sohn Jonas, konnte gar nicht
von alleine einschlafen. Er schlief beim Stillen ein oder wenn der
Papa ihn strammen Schrittes, Beatles- Lieder singend durch die Wohnung
trug. Seine Schlafzeiten waren kurz, tagsüber ca. 10 bis 15
Min. am Stück - außer im Tragtuch oder im Kinderwagen
- dort wurden es auch mal 2 Stunden. Nachts schlief er ca. 3 Stunden.
Mit etwa 9 Monaten begann Jonas sich so langsam abzustillen. Zur
Nacht einschlafen konnte er jedoch immer noch nur an der Brust.
Nun brauchten wir etwas, das ihm half, in den Schlaf zu finden,
ohne an der Brust zu nuckeln. Die Lösung für uns hieß
Schnuller und tatsächlich schlief Jonas mit Hilfe eines (meistens
mehrerer) Schnullis ein - aber nur im Ehebett und auch nur, wenn
einer von uns neben ihm lag und das Lied „Ich bin ein dicker
Tanzbär“ sang - und zwar mindestens 25 Strophen !!!!
Schlafend wurde er dann vorsichtig ins Kinderbett getragen, im Laufe
der Nacht wechselte er aber doch wieder ins Ehebett zurück.
Tagsüber schlief er noch einmal 2 Stunden problemlos. Mit 1
¾ Jahren zog Jonas dann vom Kinderbett im Schlafzimmer in
ein „großes Bett“ im Kinderzimmer. Der Umzug ging
reibungslos. Nach 2 Nächten akzeptierte er seine neue Schlafstätte.
Abends, d.h. zwischen 19°° und 20°° Uhr, gab es
eine Gute Nacht Geschichte oder ein Bilderbuch, danach noch Musik
„aus der Dose“. Mit knapp drei Jahren verabschiedete
sich Jonas von seinen zahlreichen Schnullis. Mittagsschlaf macht
er seit einem halben Jahr keinen mehr. Jonas ist heute ein problemloser
Schläfer. Ab und zu kommt er nachts ins Ehebett, was für
uns o.K. ist. Magdalena, unser zweites Kind, war als ganz kleines
Baby ein richAtiges Wunder für uns. Sie konnte alleine einschlafen,
einfach so: Man legte sie in den Kinderwagen oder hielt sie auf
dem Arm - plötzlich war sie eingeschlafen. Sie schlief dann
3 - 4 Stunden, trank, und schlief danach weiter. Tags genauso wie
nachts. Wir betrachteten sie fasziniert und konnten kaum glauben,
daß es so etwas gab. Mit 5-6 Monaten veränderte sich
ihr Schlafverhalten plötzlich. Motorisch wurde sie immer agiler,
ihre Wachphasen wurden immer länger, und von einem auf den
anderen Tag schlief sie nur noch an der Brust ein. Nachts schlief
sie bei uns im Bett und ich, ihre Mutter war ihr „lebendiger
Schnulli“. Tagsüber hatte sie noch eine Schlafphase vormittags,
eine mittags und eine am frühen Abend. Für die Nacht kam
sie etwa gegen 23°° Uhr durch Stillen in den Schlaf. Als
sie 10 Monate alt war, wollte ich nicht mehr Schnulli sein. Denn
oft hing die ganze Nacht ein nuckelndes Kind an mir. Ich hatte schon
einiges über die „Schlafbücher“ gehört,
die gerade auf dem Buchmarkt der Renner waren. Also besorgte ich
mir das Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“ von Annette
Knast-Zahn, Hartmut Morgenroth und verschlang es an einem Abend.
Die Ausführungen leuchteten mir ein. Am nächsten Tag schritt
ich zur Tat. Ich hielt mich an die Anweisungen des „Behandlungsplanes“
und siehe da, nach drei Tagen schlief unsere Tochter bei ihren Tagesschläfchen
von alleine ein. Abends konnte sie auch alleine einschlafen und
blieb dabei die ganze Nacht in ihrem Kinderbettchen. Ein Traum -
wir waren begeistert. Ein Buch, das zu halten scheint, was es verspricht.
Euphorisch empfahl ich es im Bekanntenkreis weiter. Auch Magdalena
sollte mit 1 ¾ Jahren iAns Kinderzimmer zum großen
Bruder umziehen. Anfangs war sie ganz begeistert, nur als es Abend
wurde und die Gutenachtgeschichte gelesen war, blieb sie nicht im
Bett liegen. Immer wieder kam sie und wir brachten sie zurück
ins Bett - das ging so lange, bis sich einer von uns mit ihr hinlegte
(ganz falsch laut Buch!). Es dauerte oft 1½ Stunden, bis
sie endlich eingeschlafen war. Erst um 22°° Uhr konnten
wir uns vom Bettrand erheben - falls wir mittlerweile nicht selbst
eingeschlafen waren - und um 24°° Uhr wurde Magdalena wieder
wach und fing an zu weinen (genau wie im Buch beschrieben). Den
Rest der Nacht verbrachte sie bei uns im Ehebett. Nach 14 Tagen
beschlossen wir, daß es so nicht weitergehen könne -
der sogenannte „Behandlungsplan“ nützte uns dieses
Mal nichts. Sie konnte alleine aus dem Bett, die Tür vom Kinderzimmer
bekam sie alleine auf - und nach Dr. Spock die Türe abzuschließen,
widerstrebte uns total. Also zog Magdalena wieder ins Schlafzimmer,
und schlief wie bisher die Nacht durch. Unser 3. Kind wurde in der
Nacht vom Sonntag auf Montag geboren. Am selben Abend noch nahm
Magdalena ihre Decke und verabschiedete sich mit den Worten „Ich
großes Bett schlafen“ in Richtung Kinderzimmer - und
seit diesem Tag schläft sie, bis auf wenige Ausnahmen, dort.
Unser Paul ist jetzt 7 Monate alt. Er ist nachts sehr oft unruhig
und auch bei ihm habe ich wieder die Funktion des „lebenden
Schnullis“. Wir wollen bei ihm auch nach „Behandlungsplan“
vorgehen - aber erst wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Jetzt
ist es einfach noch zu früh für ihn. Zwei unserer Kinder
haben auf unterschiedliche Weise das Durchschlafen gelernt. Wir
sind sicher, da&szAlig; auch unser Kleinster es lernen wird - wenn
die Zeit dafür gekommen ist. Unsere Erfahrung mit den „Schlafbüchern“
ist nicht schlecht, nur sollte man die Persönlichkeit seines
Kindes, den Erziehungsstil und die Rahmenbedingungen nicht unberücksichtigt
lassen. Unter 6 Monaten finden wir die Schlafbehandlung für
Babies einfach zu früh. Sinnvoll und schön für alle
Beteiligten - auch die ganz Kleinen - ist aber auf jeden Fall ein
gemeinsamer Tagesabschluß. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten.
Man kann den Tag noch einmal in seinen wesentlichen Teilen erzählen,
man kann ein Bilderbuch anschauen, Geschichten oder Märchen
erzählen, gemeinsam beten oder einfach eine Spieluhr laufen
lassen. Größere Kinder freuen sich an einem gemeinsamen
Lied oder einem Fingerspiel. Wichtig scheint uns ein gleichbleibendes
Ritual zu sein, an dem sich das Kind orientieren kann. Die passende
Form dazu muß jeder für sich und sein Kind selbst finden.
Fazit : Ein Buch kann eine Hilfe sein - Wunder darf man jedoch nicht
erwarten. Jeder muß sich sein eigenes Urteil bilden.
Ruhige Nächte wünschen euch Ute, Stefan,
Jonas, Magdalena & Paul
Hier noch einige „Lieblingseinschlafbücher“
unserer Kinder:
• „Sandmännchens Geschichtenbuch“
von Gina Ruck - Pauquet Ravensburger Verlag (ca. 11.- €)
• „Mausi geht ins Bett“ von Luci Cousins Verlag
Sauerländer (ca. 14.- €)
• „Kannst du nicht schlafen, kleiner Bär ?“
von Martin Waddell & Barbara Firth, Annette Betz Verlag (ca.
13.- €)
• „Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab?“
von Sam McBratney & Anita Jeram Sauerländer Verlag (ca.
12.- €)
• „Erste Märchen“ von Ruth Elsässer
Ch. Mellinger Verlag (ca. 13.- €)
Der Behandlungsplan |
Zuerst werden die Rahmenbedingungen verändert: |
|
1. Mal |
2. Mal |
3. Mal |
danach |
sinnvolle Essen und Schlafzeiten festlegen |
1.Tag |
3 min |
5 min |
7 min |
7 min |
alte Einschlafhilfen (herumtragen, stillen,) beenden |
2.Tag |
5 min |
7 min |
9 min |
9 min |
wach ins Bettchen legen |
3.Tag |
7 min |
9 min |
10min |
10min |
nach folgendem Zeitplan vorgehen |
4.Tag |
10min |
10min |
10min |
10min |
Die Zeitabstände sollen eingehalten werden |
- wenn das Kind weint, nach der angegebenen Zeit ins
Zimmer gehen. Für etwa 1-2 Minuten beim Kind bleiben und es mit
ruhiger Stimme trösten z.B. „Es ist alles in Ordnung ich
bin ja da“ - man sollte immer den gleichen Satz verwenden. Nach
2 Minuten das Zimmer wieder verlassen - das Kind nicht aus dem Bettchen
holen. Die Wartezeit steigern. |
- mit der Zeit merkt das Kind, daß sein Schreien
nichts bringt. Die Müdigkeit siegt und es schläft ein.
|
- Wichtig ist das Kind zu wecken, d.h. vor jeder Schlafphase
sollten 3 Stunden Wachphase sein. Vor dem Abendschlaf 4 Std. |
- Regelmäßigkeit ist wichtig - besonders
in den ersten Wochen bis sich der neue Schlafrhythmus eingestellt
hat. |
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