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Wasserbaby-Post
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Ausgabe 03/03
Gut behütet - Mützengeschichten
Von der Fruchtblase umgeben, erfuhr der Säugling
neun Monate lang Begrenzung. Es war warm, weich, alle Geräusche
waren gedämpft, die Farben mild. Er lebte mit seiner Mutter
in vollkommener Symbiose. Die Geburt „zerstört“
diesen traumhaften Zustand – nun liegt es an uns, dem kleinen
Menschlein zu helfen, den Übergang von drinnen nach draußen
so unbeschadet wie möglich zu überstehen. Bei der Wassergeburt
ins warme Wasser hinausgleiten, in eine ruhige, gedämpfte Atmosphäre,
umhüllt mit angewärmten Tüchern, die in den Farben
der Plazenta vertraut sind, gehalten sein von der Mutter, deren
Herzschlag wieder erkennend – so findet sich ein Wasserbaby
schnell zurecht in der neuen Welt. Mit natürlichen Materialien
umhüllen wir das Baby, ein Wollhemdchen, eine Wolldecke werden
fürs erste reichen. Doch halt – das Mützchen fehlt
– oder doch nicht?
Was ist denn nun richtig? Eine klare Antwort darauf
gibt es nicht. Bei unseren vier Kindern hat jedes seine „Mützengeschichte“.
J., unser Ältester, war zu Haus geboren und die Hebamme empfahl
ein dünnes Mützchen aus Wolle-Seide-Gemisch für drinnen
und eine Wollmütze für draußen. J. wurde älter,
die Hausmütze trug er nicht mehr, aber wenn er rausging natürlich
niemals ohne. Die Mützenmenge wuchs rapide an, denn es gab
jede Menge hübscher Mützen, die der Mama unheimlich gut
gefielen, aber selten richtig auf dem Kinderkopf saßen. Zum
Favoriten wurde bald eine blau-grün-geringelte Zipfelmütze
erkoren, sehr zum Leidwesen des Opas („Kannsch dem Kend koi
annere Kapp uffsetze?“). Obwohl der sich schämte, wenn
sein Enkel mit solch alberner Kopfbedeckung herumlief, setzte J.
seine Mütze immer freiwillig auf. Im Schulalter fand er allerdings
Sweatshirts mit Kapuze viel praktischer.
Unser zweites Kind M. war unser erstes Wasserbaby.
Natürlich bekam auch sie von uns ein Mützchen verpasst.
Kaum ein paar Tage alt, fing sie an, ihren Kopf hin und her zu wälzen,
bis die Mütze über Augen und Nase hing. Das war uns doch
zu gefährlich und so bekam sie ihr dünnes Baumwollmützchen
nur noch aufgezogen, wenn sie wach war. M. wurde mobiler und sobald
sie ihre Hände einsetzen konnte, riss sie sich die Mütze
vom Kopf. Es musste schon sehr kalt sein, damit sie die Mütze
akzeptierte. An ein Sonnenhütchen im Sommer war gar nicht zu
denken – und so grauste mir vor dem nächsten Winter.
Die einzige Möglichkeit, M. in eine Mütze zu bekommen,
war die „Sturmhaube“, eine Schalmütze, die sich
nicht einfach vom Kopf streifen ließ. Im Schulalter trägt
M. gerne Hüte, die ihr gefallen müssen. Wie ein echtes
Wasserbaby mag sie nicht warm angezogen sein und läuft am liebsten
barfuss. Obwohl sie bis in den Oktober oder November hinein barfuss
läuft, war sie noch nie ernsthaft krank.
P., unser drittes Kind und zweites Wasserbaby,
wurde in einem sehr heißen Sommer geboren. Deshalb wollten
wir ihm kein Mützchen zumuten. Je nach Wetterlage bekam er
ein Wollmützchen an kalten, feuchten Tagen aufgesetzt. Aber
mit drei Monaten entwickelte er eine Wollallergie und das Thema
fand ein abruptes Ende. Wir durchstreiften die Läden nach einem
gut sitzenden Baumwollmützchen für den Winter. Ich wurde
fündig und P‘s Begleiter wurde die „Pinguin-Kapp“,
eine Inkamütze mit eingestrickten Pinguinen. Glücklicherweise
fand ich auch im nächsten Jahr besagtes Modell in größerer
Form. P. zieht freiwillig seine Mütze auf, auch wenn er nur
im Garten spielt. Allerdings ist er eigen, was die Form der Mütze
betrifft, es gibt kein anderes Modell für ihn. Als unser infektanfälligstes
Kind scheint die Mütze einen gewissen Selbstschutz zu erfüllen,
deshalb vertrauen wir seinem Urteil.
Unser viertes Kind J. wurde mit einem „Glückshäubchen“
im Wasser geboren. Unter der Eihaut kamen zu unserem Erstaunen wundervolle,
lange dunkle Haare, die im Sonnenlicht rötlich schimmerten,
zum Vorschein. Wie hätte ich diese Pracht unter einer Mütze
verstecken können? Hatte doch bisher keines unserer Kinder
bei der Geburt Haare auf dem Kopf! Bei kühlerem, windigem Wetter
setzten wir J ein Käppchen auf. Sie ist wie ihre große
Schwester ein „hitziger Typ“; d.h. sie zieht ebenso
leidenschaftlich gerne ihre Socken aus. Da sie feinmotorisch sehr
früh selbständig war, zog sie ihre Kleider gleich mit
aus und sprang meistens nackig durch die Gegend. Richtig krank war
auch sie noch nie.
Wie macht man es nun richtig mit dem Mützchen?
Jeder muss sein Kind beobachten und dann entscheiden, was es braucht.
Wasserbabies sind auch in dieser Frage (wie so oft) anders als andere
Kinder. Durch das frühe Wassertraining mit Kneipp´schen
Güssen, anschließender Körperwärme und Frühem
Babyschwimmen regulieren sie ihren Wärmehaushalt anders als
Säuglinge, die gewöhnlich in einer Babybadewanne mit 37°-39°C
warmem Wasser gebadet werden. Individuelle Entscheidungen versprechen,
dass jeder eines Tages die „Mützengeschichte“ seines
Kindes entdecken wird. Schreibt uns doch, wenn Euer Wasserbaby besondere
Gewohnheiten mit Mützen, Socken, Handschuhen, Schals oder FKK
(Freikörperkultur) zeigt! uk
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