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Geburtsbericht zur Wassergeburt
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Und das Becken hielt doch
Die erste „Begegnung“ mit Wassergeburten
hatte ich vor fast 10 Jahren in der Vorlesung „Biologie des
Menschen“ von meinem späteren Doktorvater. Im Teilbereich
Evolution dieser Vorlesung stellte er die Wassertheorie von Elaine
Morgan sehr anschaulich dar und erwähnte in diesem Zusammenhang
auch die Wassergeburt und ihre Vorzüge. Mir leuchtete alles
so ein, dass ich mir damals - für den Fall, das ich jemals
ein Kind erwarten sollte - vornahm, dieses im Wasser zu entbinden
... .
Als es letztes Jahr dann tatsächlich so weit war, hatte ich
das alles fast schon wieder vergessen, erinnerte mich aber sehr
bald wieder daran, als ich mich intensiver mit den verschiedenen
Geburtsmöglichkeiten befasste. Unter den diversen Büchern
zum Thema die ich mir damals anschaffte, war auch „Erlebnis
Wassergeburt“ von Cornelia Enning und dieses überzeugte
mich dann endgültig. Damit kam aber das nächste Problem
auf mich zu: Wo kann ich eine Wassergeburt machen? Zuerst erschien
mir das Problem nicht zu gravierend zu sein, waren doch im Anhang
des Buches mehrere Adressen mit Möglichkeiten zur Wassergeburt.
Es erschien also gar nicht so schwer zu sein, eine Wassergeburt
in unserer Nähe Raum Nürnberg/Regensburg, durchzuführen.
Einige Wochen später war mir allerdings klar, dass ich mir
das ganze zu einfach vorgestellt hatte. Wohin ich mich auch wendete,
ich bekam nur Absagen. Dazu kam, dass sowohl meine Eltern als auch
alle meine Freundinnen, die schon Kinder geboren hatten, mich für
verrückt erklärten, weil ich erstens nicht in einem Krankenhaus
und zweitens im Wasser entbinden wollte. Die meisten Krankenhaus-Geburtsberichte
meiner Freundinnen bestärkten mich allerdings noch in meiner
Aversion gegen eine Klinik-Geburt, denn das Argument „Wenn
das Kind dann da ist, hat man eh´ alles wieder vergessen“
zog bei mir nicht. Ich wollte eine positive Erinnerung an die Geburt
meines ersten Kindes behalten.
Endlich kam mir dann die Idee, mich an Cornelia Enning persönlich
zu wenden. So erfuhr ich von der Möglichkeit, ambulant im Ortoshi-Zentrum
in Bretten (der Praxis von Heilpraktiker Hans Peter Schmitz) unter
ihrer Anleitung zu entbinden - das war doch was! Ich war mir zwar
nicht so sicher, ob ich die 2 1/2 - stündige Fahrt dorthin
mit Wehen aushalten würde, wollte es aber auf alle Fälle
versuchen.
2 Uhr morgens am Tag nach dem errechneten Geburtstermin
kamen dann die ersten, noch schwachen Wehen und tagsüber hatte
ich ständig sehr dünnflüssigen Ausfluss. Da ich einen
Riss in der Fruchtblase vermutete, fuhren wir abends nach Bretten,
aber Fehlanzeige. Die Fruchtblase war vollkommen intakt und der
Muttermund erst auf 2 cm geöffnet! Also wieder 2 1/2 Stunden
nach Hause fahren. Gegen 24 Uhr waren wir da, um 2 Uhr begannen
wieder Wehen, diesmal schon etwas heftiger und im 2-Minuten-Abstand!
Erst gegen 6 Uhr morgens wurden die Abstände etwas größer
und die um 9 Uhr herbeigerufene „Nachsorge-Hebamme bescheinigte
eine Muttermundöffnung von mindestens 4 cm und vermutete den
Geburtsbeginn in der folgenden Nacht. Also erneute Fahrt nach Bretten
am Spätnachmittag. Mein Mann war schon ziemlich genervt, da
er vermutete, dass wir immer noch zu früh dran sind und in
Bretten schienen sich seine Befürchtungen zu bestätigen:
Wehenstillstand! Cornelia meinte aber, das sei ganz normal bei 5
cm, wir sollten uns noch etwas ausruhen und sie dann rufen, wenn´s
soweit ist.
Wir nahmen uns ein Hotelzimmer und gingen Pizzaessen, sehr schwache
Wehen. Ich schaffte es sogar noch ein paar Stunden zu schlafen,
bis die Wehen um 1 Uhr endgültig stärker wurden.
2.30 Uhr: Wir fahren zum Ortoshi-Zentrum, wovon wir einen Schlüssel
mitbekommen haben.
3.00 Uhr: Ich gehe ins Becken, die Wehen sind augenblicklich weniger
schmerzhaft, die Abstände werden wieder größer und
ich befürchte, dass das Baby doch noch nicht kommt. Zudem rinnt
auch noch das Becken aus und mein Mann ist permanent damit beschäftigt,
mit den bereitgelegten Handtüchern eine größere
Überschwemmung zu verhindern! Langsam macht sich Verzweiflung
breit: Sollte es doch nichts werden mit der Wassergeburt? Sind wir
immer noch zu früh dran?
4.00 Uhr: Ich verlasse das Becken wieder, damit wir es auslassen
können, um die undichte Stelle zu finden. „An Land“
überfallen mich augenblicklich heftigste Wehen - Was für
ein Unterschied zum Wasser!!
4.30: Cornelia kommt. Der Muttermund ist fast vollständig eröffnet.
Gott sei dank, es geht also doch voran! Das Becken wird wieder gefüllt
und ich darf wieder ins Wasser - Welche Wohltat, ich kann mich zwischen
den Wehen richtig ausruhen! Wolfgang und Cornelia ringen jetzt gemeinsam
... .
7: 00 Uhr: Hans Peter Schmitz kommt und erleichtert mir den Geburtsverlauf
mit Akupunktur und verschiedenen Globuli.
Gegen 7.30 dann die ersten Presswehen, glücklicherweise immer
mit Pausen dazwischen. Allerdings rutscht der Kopf, den ich bei
jeder Wehe am Kreuzbein spüre, in den Pausen wieder hoch! Cornelia
rät, für einige Wehen aufzustehen und die Schwerkraft
voll wirken zu lassen. Ich hänge mich an Wolfgang, plötzlich
platzt die Fruchtblase und der Kopf rutscht endlich tiefer. Nun
darf ich wieder ins Wasser. Der Kopf wird mit drei Wehen geboren,
mit der vierten der restliche Körper. Mit vollkommen intaktem
Damm hole ich um 8.12 Uhr unsere Tochter Louisa an die Oberfläche.
Es versteht sich von selbst, dass wir die glücklichsten Eltern
der Welt sind und Louisa natürlich das allerschönste Baby
ist!
Anja Keil
Erlebnis Wassergeburt - ...und das zweite Kind
kommt schneller als frau denkt
Nach der guten Erfahrung mit der Wassergeburt bei unserem ersten
Kind (bei einer "konventionellen" Entbindung im Krankenhaus
wäre ich wahrscheinlich aufgrund des sehr langsam voranschreitenden
Geburtsverlaufes um eine Saugglocken- oder Schnittentbindung kaum
herumgekommen) war klar, dass auch unser zweites Kind im Wasser
zur Welt kommen sollte. Allerdings wollten wir dies mal die lange
Fahrt von der Gegend um Nürnberg nach Bretten vermeiden, und
nach einigem Umhören fand sich tatsächlich eine Hebamme
in der Nähe unseres Wohnortes, die mit einer Hauswassergeburt
keine Probleme hatte (im Gegensatz zu einigen "wohlmeinenden"
Freunden inklusive einer angehenden Frauenärztin). Also wurde
ein großes Planschbecken angeschafft, das im Bad gerade noch
zwischen Badewanne und Waschbecken Platz fand.
Und dann war es soweit: Einen Tag nach dem errechneten Geburtstermin
beginnen die Kontraktionen, die schon seit einer Woche ziemlich
regelmäßig kommen, etwas schmerzhaft zu werden. Am Abend
dann regelmäßiger 5-Minuten-Takt. Wir bringen in Ruhe
unsere Tochter Louisa ins Bett und lassen das Becken ein. Um 22h
steige ich probeweise hinein, die Wehen werden sofort schwächer.
Wir beschließen noch etwas zu schlafen, was allerdings nur
meinem Mann gelingt..
Um 1h kommen die Wehen sehr kräftig, ich wecke meinen Mann,
rufe die Hebamme und begebe mich ins Becken. Wie angenehm, die Wehenabstände
werden sofort größer! Gegen 2h kommt die Hebamme und
stellt eine Muttermundweite von 6 cm fest; oh wei, bei Louisas Geburt
dauerte es da noch 6-8 Stunden!! Ich beschließe deshalb, noch
ein bisschen im Haus herumzulaufen, um das ganze zu verkürzen.
Wie schmerzhaft sind die Wehen an Land im Gegensatz zum Wasser!
Nach einer guten halben Stunde halte ich es nicht mehr aus, außerdem
habe ich einen sooooolchen Druck aufs Steißbein.
Zwei Wasserwehen später kommt es mir dann doch komisch vor
und ich fühlte vorsichtshalber mal am Damm, wo zu meinem grenzenlosen
Erstaunen tatsächlich schon der Kopf auf die nächste Wehe
wartet! In Erwartung eines noch Stunden dauernden Geburtsverlaufes
habe ich gar nicht bemerkt, dass ich längst schon Presswehen
habe, denn ich verspürte überhaupt keinen Pressdrang!
Drei Wehen später kann ich unseren Sohn Elias, ein echtes Riesenbaby
(57 cm, 4020g), etwas erstaunt über den schnellen Geburtsverlauf,
aber überglücklich in die Arme schließen.
Anja Keil
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